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StVO-Novelle: Aufgrund von Formfehler schärfere Fahrverbote ungültig

Juristen sind der Auffassung, dass die von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) im April in Kraft getretene Reform der Straßenverkehrsordnung (StVO) aufgrund eines formalen Fehlers ungültig sei.

Die Rechtsexperten des Automobilclubs ADAC begründen dies mit einer Verletzung des Zitiergebots des Grundgesetzes. Der gleichen Meinung ist auch Jens Dötsch, Verkehrsrechtsexperte der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht, der sich gegenüber t-online folgendermaßen äußerte: „Die neue StVO ist entweder ganz oder zumindest was die Fahrverbote betrifft unwirksam."

Nicht der erste Formfehler

Der beanstandete Formfehler bei der Novelle liegt in einem Mini-Detail. Die entsprechende Rechtsgrundlage muss in jeder neuen Verordnung angegeben werden. Konkret heißt das: Der Hinweis auf den § 26a Abs.1 des Straßenverkehrsgesetzes fehlt. Dort steht geschrieben:

„Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften zu erlassen über ...

 

  • die Erteilung einer Verwarnung (§ 56 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24
  • Regelsätze für Geldbußen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach den §§ 24, 24a und § 24c
  • die Anordnung des Fahrverbots nach § 25."

 

Dass eine entsprechende Verordnung, bei der das Zitiergebot verletzt ist, nichtig sei, wurde vom
Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 1999 entschieden. Die Verordnung für Verkehrsschilder vom damaligen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wurde 2009 aufgrund dieses Formfehlers gekippt.

Einspruch einlegen oder um Vollstreckungsaufschub bitten

Nachfolgende Tatbestände in der StVO-Verordnung sind nach Meinung der Juristen nicht gültig und dürften daher auch nicht mit einem Fahrverbot geahndet werden:

 

  • Geschwindigkeitsüberschreitung 21 – 30 km/h innerorts
  • Geschwindigkeitsüberschreitung 26 – 40 km/h außerorts
  • Nichtbilden der Rettungsgasse trotz stockenden Verkehrs
  • Befahren der Rettungsgasse durch Unbefugte
  • Gefährliches Abbiegen

 

In den zuvor genannten Fällen wird Betroffenen angeraten, sich einen Verkehrsanwalt zu nehmen, um Einspruch gegen die Bußgeldbescheide einzulegen, um so eine Änderung der Rechtsfolgen zu erwirken. Dabei ist selbstverständlich die 14-tägige Frist einzuhalten. Liegt bereits ein rechtskräftiger Bußgeldbescheid mit Fahrverbot vor, sollte bei der Bußgeldstelle ein Vollstreckungsaufschub beantragt werden, insofern das Fahrverbot noch nicht angetreten wurde. Wer sich bereits in der Phase des Fahrverbots befindet, kann über ein Gnadenverfahren eine Aufhebungsentscheidung und die Aushändigung des Führerscheins beantragen.

Wie wird es weitergehen?

Der simpelste Weg, den fehlenden Zusatz in der aktuellen StVO-Novelle einfach zu ergänzen, ist nicht möglich. Denn die Novelle muss mit der Änderung das komplette politische Verfahren mit den Entscheidungen im Kabinett, Bundestag und Bundesrat Schritt für Schritt durchlaufen. Andreas Scheuer wird sich darüber freuen, hatte er doch schon im Mai angekündigt, die „unverhältnismäßigen" Fahrverbote wieder zu kassieren.

Fazit

Die Glaubwürdigkeit von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist durch das Zurückrudern und die notwendig gewordene Änderung der gerade erst in Kraft getretenen StVO-Novelle erneut angekratzt, weil die Änderungen bei den Autofahrern für Verunsicherung gesorgt haben. Der Formfehler wirft also wiederholt ein schlechtes Licht auf Scheuers Ressort. Allerdings spielt er ihm gleichzeitig in die Karten. Werden Fahrverbots- und Bußgeld-Regelungen in einer weiteren StVO-Verordnung wieder entschärft, kann er als „Anwalt der Autofahrer“ möglicherweise wieder Pluspunkte sammeln.

Quelle: www.auto-motor-sport.de

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